Ohne Titel (Landschaft Bolivien) IV, 1999, Öl, Acryl & Lack auf Leinwand, 115 x 135 cm

Ohne Titel (Landschaft Bolivien) V, 1999, Öl, Acryl & Lack auf Leinwand, 140 x 150 cm

Ohne Titel (Landschaft Bolivien) I,
1999,Öl, Acryl & Lack auf Leinwand, je 120 x 140 cm

Ohne Titel (Landschaft Bolivien) II,
1999,Öl, Acryl & Lack auf Leinwand, je 120 x 140 cm

Ohne Titel (Landschaft Bolivien) III,
1999,Öl, Acryl & Lack auf Leinwand, je 120 x 140 cm

Die bolivianische Hochebene

Der Mensch lebt und stirbt in dem, was er sieht. Aber er sieht nur, was er denkt.
(Paul Claudel)

Die sechs Bilder der bolivianischen Hochebene, des Altiplanos, sind das Ergebnis einer Reise, die Tobias Becker im Sommer 1999 durch Bolivien unternommen hat. Wem das Altiplano vertraut ist, der wird bemerken, dass den Bildern etwas für diese Landschaft sehr Typisches entzogen wurde: das Gefühl unendlicher Weite und unbegrenzten Schauens. In den Bildern findet sich statt dessen etwas beinah Klaustrophobisches, das dem Fernweh, der Unbegrenztheit Schranken setzt. Hier wird nicht so sehr eine Landschaft dargestellt, als vielmehr der subjektiv beengte und bedrängte Blick auf diese Landschaft reflektiert. Der Betrachter selbst wird zum Reisenden – an ihm zieht eine bewegte und zugleich eintönige, eine schöne und zugleich leere Landschaft vorbei – er sieht sich einer Landschaft ausgesetzt, die keine Begrenzung bietet, und wird dabei verwiesen auf sich selbst, die eigene Wahrnehmung.

Dargestellt wird das Erlebnis einer Unmöglichkeit zu schauen – unmöglich ist es, das zu sehen, was man sich nicht vorstellen kann: die Unbegrenztheit, und unmöglich ist es auch, sich in diese Landschaft, die sich unabhängig vom Blick des Betrachters macht, einzugliedern. Unmöglich, darauf verweisen die Bilder schließlich auch, ist der ruhende, ordnende Blick des Betrachters auf diese Landschaft überhaupt. In den Bildern ist durchweg ein Bewegungsmoment dargestellt, das darauf hinweist, dass der Betrachter ein Reisender ist, der sich sein Bild der Landschaft vor allem im Kopf konstruiert, allerdings ohne diese Landschaft fassen zu können. Am Reisenden zieht ein menschenleerer Raum vorbei, der ihm nichts entgegensetzt. Die Bewältigung der Landschaft in der Wahrnehmung ist schließlich nur in und durch die Bewegung möglich: der Betrachter gibt dabei den Anspruch auf, von einem feststehenden Ort aus die Dinge um sich herum ordnen zu können. Aber in und durch die Wahrnehmung geschieht noch etwas anderes: die erdrückende Faktizität der Dinge wird in der Bewegung wieder aufgehoben. Der Raum relativiert sich - und mit ihm der ordnende Blick.

Nicola Behrmann